Fachveranstaltung Klimagerechtigkeit jetzt!

16.06.2023

Die Klimakrise ist eine der größten und komplexesten Herausforderungen unserer Zeit. Mit seiner Veranstaltung zu einer geschlechtergerechten Klimapolitik bereichert der Deutsche Frauenrat die Debatte um feministische Perspektiven. 

Der Tagungsort: Die W. Michael Blumenthal Akademie (© H. Scherm)

Gerechtigkeit. Das ist, was sich die rund 140 Teilnehmer*innen der Fachveranstaltung des Deutschen Frauenrats im Juni vergangenen Jahres von einer feministischen Klimapolitik erhofften. Die größte frauen- und gleichstellungspolitische Interessenvertretung Deutschlands hatte am 16. Juni 2023 unter dem Titel „Klimagerechtigkeit jetzt!“ Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik in die W. Michael Blumenthal Akademie eingeladen, um feministische Antworten auf eine der komplexesten Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren – die Klimakrise. Dabei markierte die Veranstaltung das Ende der Arbeit des Fachausschusses Klima, der sich zwei Jahre mit dem Thema beschäftigt hatte. In seiner Amtszeit entstand auch das Positionspapier Klimagerechtigkeit jetzt!

Perspektive von Frauen in all ihrer Vielfalt berücksichtigen

In ihrer Eröffnungsrede verwies Dr. Beate von Miquel, die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, auf eine der offenen Flanken der Klimadebatte: die fehlende Geschlechterperspektive in der Klimapolitik. Dabei sei wissenschaftlich hinreichend belegt, dass Frauen und marginalisierte Gruppen rund um den Globus die Hauptlast von Umweltzerstörung, Wassermangel, Nahrungsmittelunsicherheit und zunehmender Naturkatastrophen tragen – obwohl sie deutlich weniger zum Klimawandel beisteuern. Von Miquel forderte bei der Ausgestaltung der Klimapolitik, die Lebensumstände von Frauen und Mädchen in der Gesellschaft zu berücksichtigen und ihre Beteiligung auf allen Ebenen zu fördern.

Beate von Miquel am Rednerinnenpult
Dr. Beate von Miquel begrüßt das Publikum (© H. Scherm)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sicherte in seinem anschließenden Grußwort zu, dass sein Ministerium Klimapolitik und Geschlechtergerechtigkeit stärker zusammendenken wolle. Impulse aus der weiblichen Zivilgesellschaft seien dabei willkommen.

Feministische Klimapolitik als Maßstab klimapolitischen Handelns

Die Keynotes lieferten Clara Duvigneau, Sprecherin von Fridays for Future und Gotelind Alber von Gender CC, einem Netzwerk für geschlechtergerechte Klimapolitik. Duvigneau kritisierte in ihrer Keynote die Männerdominanz in der Klimapolitik, denn die Klimakrise könne nur von Frauen und Männern gemeinsam gelöst werden. Vor allem müsse dazu jetzt Schluss mit der Nutzung fossiler Energieträger sein.

Gotelind Alber kritisierte Datenlücken hinsichtlich Klimakrise und Geschlecht. Trotzdem liege Wissen für eine geschlechtergerechte und feministische Klimapolitik vor. Allen voran mangele es an der Umsetzung dieser Erkenntnisse. Alber hob hervor: Je geschlechtergerechter eine Gesellschaft, desto geringer ihr CO2-Abdruck.

Grußwort und Keynotes

Bei Gestaltung der Klimapolitik sollen alle Akteur*innen zukünftig stärker die Wechselwirkung von Klimawandel und Geschlechterrollen im Blick haben, “ so Bundeswirtschaftsminister Habeck in seinem Grußwort. (© H. Scherm)
„Die Klimakrise tötet,“ spitzte Clara Duvigneau von Fridays fot Future die Folgen von Klimakrise gepaart mit zögerlichem politischen Handeln zu. (© H. Scherm)
"Gender ist für alle Aspekte des Klimawandels relevant: Für Ursachen und Auswirkungen, beim Klimaschutz und bei der Anpassung," so Gotelind Alber von Gender CC. (© H. Scherm)

In der Auftaktdiskussion legten Sheena Anderson (Center for Feminist Foreign Policy), Fatim Selina Diaby (Aktive in der Antirassismus- und Klimagerechtigkeitsbewegung) und Dr. Jürgen Zattler (Bundesentwicklungsministerium) ihr Verständnis einer feministischen Klimapolitik dar.

 Diaby betonte, dass nur radikale Veränderungen unseres Wirtschaftens und Zusammenlebens dem Klima hülfen. Entsprechend schaffe eine feministische Klimapolitik nur dann Gerechtigkeit, wenn sie machtkritisch und intersektional gestaltet ist. 

Anderson hob hervor, dass vor allem Indigene, Schwarze Menschen, Menschen mit Behinderung und Menschen aus dem globalen Süden den Kampf gegen den Klimawandel führten. Eine feministische Klimapolitik müsse ihren Bedürfnissen Rechnung tragen.

Auftaktdiskussion

Fatim Selina Diaby (Aktive in der Antirassismus- und Klimagerechtigkeitsbewegung) (© H. Scherm)
Sheena Anderson (Center for Feminist Foreign Policy) (© H. Scherm)
Dr. Jürgen Zattler (Bundesentwicklungsministerium) (© H. Scherm)
Panelist*innen mit Moderatorin Celia Schmidt (© H. Scherm)

Geschlechtergerechte und soziale Mobilitätswende

In den drei folgenden Panels beleuchteten die Expert*innen, wie Klimapolitik hierzulande geschlechtergerecht gestaltet werden kann. Auf dem ersten Panel diskutierten die Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik (stv. Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestags), Katja Diehl (Autorin und Podcasterin) und Monika von Palubicki (Leiterin des DF-Fachausschusses Klima) über die Ausgestaltung einer sozialen und geschlechtergerechten Mobilitätswende. 

Diehl kritisierte eine männlich geprägte Mobilität und forderte eine Abkehr von autozentrierter Verkehrspolitik und Abschaffung des Dienstwagenprivilegs. Auch Slawik sprach sich für mehr Platz für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, Kinder und Menschen mit Beeinträchtigungen auf den Straßen aus. Nicht nur im Verkehrsausschuss des Bundestags spiele das Auto eine zentrale Rolle, sogar das Paul-Löbe-Haus, in denen die Parlamentarier*innen arbeiten, sei einem Motor nachempfunden.

Panel Mobilität

Nyke Slavik, stv. Vorsitzende Verkehrsausschuss im Bundestag (© H. Scherm)
Katja Diehl, Autorin und Podcasterin, digital zugeschaltet (© H. Scherm)
Monika von Palubicki, die Leiterin des Fachausschusses Klima im DF (© H. Scherm)
Moderatorin Andrea Blome, Monika von Palubicki und Nyke Slawik (© H. Scherm)

Ökologischer Strukturwandel von Arbeit und Wirtschaft

Das nächste Panel mit Birgit Schwenk (Bundeswirtschaftsministerium), Sascha Gabizon (Women engage for a common future), Christina Schildmann (Hans-Böckler-Stiftung) und Heike Lehmann (DGB) befasste sich mit einem ökologischen Strukturwandel von Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Erneut wurde deutlich, dass es an belastbaren Zahlen zum Frauenanteil mangelt, beispielsweise in der Energiewirtschaft. Damit Frauen beim nötigen Umbau von Wirtschaft und Arbeitsmarkt nicht ins Hintertreffen geraten, seien gezielte Qualifizierung von Frauen in Zukunftsbranchen, alternative Arbeitszeitmodelle und ihre gleichberechtigte Teilhabe in Unternehmen nötig.

Panel Arbeit und Wirtschaft

Moderatorin Andrea Blome und Birgit Schwenk (Bundeswirtschaftsministerium) (© H. Scherm)
Sascha Gabizon (Women engage for a common future) (© H. Scherm)
Christina Schildmann (Hans-Böckler-Stiftung) und Heike Lehmann (DGB) (© H. Scherm)

Geschlechteraspekte beim klimagerchten Bauen und Wohnen

Auf dem letzten Panel debattierten Annett Jura (Bundesbauministerium), Ulrike Röhr (genanet) und Dr. Sibylle Braungardt (Öko-Institut) die Geschlechteraspekte beim klimagerechten Bauen und Wohnen. Allein in Deutschland entfallen über 40 Prozent der Emissionen auf den Bau und die Nutzung von Gebäuden. U.a. wegen geringerer Einkommen sind Frauen deutlich stärker von hohen Energiekosten betroffen als Männer und wohnen auch häufiger in Gebäuden mit schlechteren energetischen Standards. Die Geschlechterperspektive ist dringend bei der Transformation zu berücksichtigen.

Das letzte Panel: Dr. Sibylle Braungardt (Öko-Institut), Annett Jura (Bundesbauministerium) und Ulrike Röhr (genanet) (v.l.n.r.) (© H. Scherm)

Vierter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung behandelt Klima

Anschließend gab Silke Bothfeld als Vorsitzende der Sachverständigenkommission für das Gutachten zum Vierten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung einen Ausblick auf den Bericht, der 2025 an die Bundesfrauenministerin übergeben werden soll.

Monika von Palubicki, die Leiterin des Fachausschuss Klima, fasste nach den anregenden Debatten die Bedingungen für eine feministische Klimapolitik in Deutschland zusammen, die nicht nur die Herausforderungen des Klimawandels und der Transformation angehen, sondern auch den Weg in eine gerechtere Zukunft für alle weisen.

Nachhaltiger Klimaschutz gelingt nur, wenn Frauen mitentscheiden. Ohne Geschlechterperspektive gibt es keine Antwort auf die Klimakrise.
Elke Ferner, Elke Ferner, Mitglied im Vorstand für Strukturen der nationalen Gleichstellungspolitik
Elke Ferner (©Barbara Dietl)

Eindrücke

© H. Scherm
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